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Copyright der Zukunft: US-Wirtschaftswissenschaftler fordern Abschaffung "geistigen Eigentums"

Artikel erschienen im Heise Verlags: http://www.heise.de/newsticker/meldung/134400

Die US-Ökonomen Michele Boldrin und David Levine sehen angesichts der Wirtschaftskrise die Zeit gekommen für die Abschaffung von Rechten an immateriellen Gütern. Der Propagandabegriff "geistiges Eigentum" sei genauso reif für die Mottenkiste wie das Konzept des Monopolschutzes durch Patente oder Urheberrechte selbst, erklären die beiden Forscher der Washington University in St. Louis in einem jüngst veröffentlichten Videobeitrag [1]. Eine entsprechende rechtliche Entwicklung würde nach Ansicht der Professoren [2] eine Innovationswelle auslösen, was wiederum der Schüssel sei für die Wiederbelebung der Wirtschaft.

Ausführlich dargelegt haben die beiden Wissenschaftler ihre Anschauung im Buch "Against Intellectual Monopoly", das beim Verlag [3] online gelesen und auf der Homepage Levines kostenlos heruntergeladen [4] werden kann. "Idealerweise würden wir gern Patent- und Copyright-Gesetze insgesamt ausradieren", betont Levine. Es gebe auch ohne entsprechende Monopolrechte ausreichend Schutz für Erfinder und Möglichkeiten zum Geldverdienen für Kreative. Es gehe nicht um eine Wohlfahrtsveranstaltung; keiner sollte daran gehindert werden, seinen Unterhalt mit erfinderischen und schöpferischen Tätigkeiten zu bestreiten. Empirische Befunde legten aber nahe, dass es dazu keine Urheberrechte oder gewerbliche Schutzrechte brauche.

Die beiden Wirtschaftsprofessoren argumentieren, dass das gegenwärtige System der Rechte an immateriellen Gütern durch Überregulierungen, Lizenzgebühren oder Gerichtsstreitigkeiten derart missbraucht werde, dass es die Kosten für die Erzeugung neuer Werke erhöhe und die Geschwindigkeit der Verbreitung innovativer Ideen verlangsame. Die meisten Patente etwa würden von Konzernen beantragt, die damit ihre Portfolios aufstocken wollten, um Klagen über die Verletzung anderer gewerblicher Schutzrechte zu verhindern. Weitere Folgen der Zweckentfremdung des Systems sei der Kampf gegen "Musik- oder Markenpiraterie" im Internet, der sich vor allem gegen Studenten richte, oder die Verhinderung der medizinischen Versorgung von AIDS-Patienten in Afrika aufgrund fehlender kostengünstiger Generika.

Als ersten gesetzgeberischen Schritt drangen Boldrin und Levine auf eine drastische Reform des Patentwesens, um dessen eigentliches Ziel der Förderung der Wissenschaft und des Fortschritts wiederherzustellen. Ein gewerblicher Rechtsschutz sollte für eine Erfindung erwiesen und andere wertvolle Innovationen nicht behindert würden. Zudem dürfe es keine kosteneffektivere Möglichkeit geben, ein Produkt auf den Markt zu bringen. Generell zeigen sich die beiden Forscher zuversichtlich, dass ihr radikaler, bisher eher von Cyberdissidenten wie John Perry Barlow gepredigter Ansatz [5] sich langfristig genauso durchsetzt wie die Idee des freien Marktes im Lauf der vergangenen Jahrhunderte. Letztlich seien das Copyright und Patente die letzten Monopolrechte, die einem echten Freihandel noch entgegenständen. (Stefan Krempl) / (jk [6] /c't)

Links in diesem Artikel:
[1] http://news-info.wustl.edu/tips/page/normal/13656.html
[2] http://www.Againstmonopoly.org/
[3] http://www.cambridge.org/catalogue/catalogue.asp?isbn=9780521879286
[4] http://www.dklevine.com/general/intellectual/againstfinal.htm
[5] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/1/1028/1.html
[6] mailto:jk@ct.heise.de

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