Zu Ehren der schöpferischen Quelle und zum Wohle aller



Auf ein Wort

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Corona
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Zyklen
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verschleiern
Routine


Immer mal wieder staut sich etwas in mir. Ob das wohl am Mond liegt, der gerade im Quadrat zu meinem Geburts-Mars stehend von jedem zweiten an mir vorbeilaufenden Menschen getriggert wird, am gestrigen Anbendessen, oder daran dass ein neues kosmisches Energiemuster via Sonnenwind das Erdmagnetfeld verändert hat? Das ist zwar nicht unwichtig, aber zweitrangig. Den Stau hab' ich jetzt.

Wie gesagt, immer mal wieder, und sehr wahrscheinlich mit wechselnden Auslösern, staut sich etwas in mir und ich brauche Erleichterung, Entstauung, unabhängig von den jeweiligen Auslösern. Ich muss es unbedingt loswerden. Eine unappetitliche Redewendung, jedoch durchaus zutreffend, beschreibt meine ersten Versuche: mich auskotzen.

Die ersten Adressaten waren die geduldigen und leidensfähigen unter meinen jungendlichen Freunden, später sorgfältig ausgewählte Personen die im Gegenzug ihr Erbrochenes auf meinem Tisch ablegen durften. Käuflich erworben habe ich solches Privileg nie, allen kommerziellen Therapeuten blieb mein Erbrochenes erspart. Ich bin halt halber Schwabe: schaffe, spare, Häusle baue.

Mit der Zeit ist in mir der Enschluß gereift mit meinen Stauungen umweltschonender und selbstverantwortlicher zu verfahren. Ich hab's wieder runterschluckt, habe wie ein Hund meinem Erbrochenen eine zweite Chance gegeben. Das hatte sehr bunte Auswirkungen. Einen Teil davon konnte ich tatsächlich weiterverdauen, den anderen nicht.

Der weiterhin unverdauliche Teil, meine unterdrückten Gefühle führte über die esoterisch üblichen Reinigungsangebote wie Familienstellen, Rückführung, Rebirthing, .., dazu dass ich anfing meine Gefühle selbst klären zu wollen. Auf der Suche nach erfolgreichen Methoden dafür habe ich gemerkt dass mir Schreiben hilft - ich erbreche mich auf ein Stück Papier. Da kann ich dann die einzelnen Brocken sehen, sie neu sortieren, und dadurch manchmal eine Ordnung erkennen wo vorher nur Chaos zu herrschen schien. Vielleicht hätte ich Forensiker werden sollen.

In diese Prozesse habe ich mich anfangs nur heimlich, gut isoliert hinter verschlossenen Türen gewagt. Bloß niemand meinen nackten Hintern sehen lassen! Dann habe ich die heilsame Kraft des geschriebenen Wortes entdeckt, denn Worte - geschrieben oder gesagt - sind eine Veröffentlichung. Ich stehe zu ihnen oder muss sie wiederrufen (Löschtaste). Mein mich zum von mir Unverdauten zu bekennen heißt im Klartext, damit aufzuhören mich selber zu belügen. Das ist ein erster Schritt in die Selbsterkenntnis, in die Ent-Täschung, in Richtung Ende der Selbst-Täuschung. Ich mache mir jetzt weniger vor als bisher. Weiter so!

Das Veröffentlichungs-Verfahren war ursprünglich, ab 2005, (m)ein blog. Damals unterhielt ich noch eine Mailing Liste von Freiwilligen, die ab und zu etwas von mir lesen wollten. Meine alte Angewohnheit Freunde mit Rückständen zu belästigen war zwar verfeinert, aber immer noch da. Irgendwann löste ich die Mailing-Liste auf, so gegen 2010, und nannte meinen blog in einem weiteren Anflug von Ehrlichkeit:
Mitlesen wurde so freiwillig, dass Leser unaufgefordert danach suchen müssen - ohne Eigeninitiative kein Fertigbrei mehr. Um 2020, mit dem Beginn der Corona-Krise, passte mir auch diese Format nicht mehr. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich bildlich gesprochen in meinem Unverdauten nur den persönlichen Sinn gesucht. Alles darin drehte sich nur um mich (Georg-zentrisches Weltbild).

Doch Corona war so offensichtlich ein Problem von uns allen, dass ich nicht mehr so tun konnte als ob sich alles um mich drehe. Dadurch hab' ich gemerkt dass vieles von dem was mir aufstößt, gleichzeitig auch vielen anderen aufstößt. Ich merkte dass meine Verdauungsschwierigkeiten einen kollektiven Faktor haben. Den versuche ich stärker mit einfließen zu lassen, und dem ganzen ein neues Format auf ein Wort zu geben.

Es ist mein Streben, getriggert von dem was mir aufstößt, Möglichkeiten ent- und aufzudecken das besser zu verdauen, was mich hat zweimal Schlucken lassen. Dabei kam/kommt mir ein alt bewährter Kniff der körperlichen Seite zu Gute, den ich seit meinem 32igsten Lebensjahr regelmäßig nutze. Und doch habe ich noch weitere 30 Jahre gebraucht habe, um seinen Wert in meinen emotionalen Bereich zu übertragen und dort zu würdigen. Es geht um Bitterstoffe, und um die bitteren Erfahrungen im Leben.

Ursprünglich waren Bitterstoffe in der Nahrung enthalten bis wir sie systematisch entfernt haben weil wir bitteren Geschmack nicht mögen. Sie sind aber zur Verdauung notwendig, und wenn sie nicht im Essen mitgeliefert werden muss sie unser Körper selber machen muss. Das ist eine von uns mutwillig geschaffene zusätzliche Arbeit, die ich meinem Körper wieder abnehmen kann indem ich Bitterstoffe zuführe.

Mit unseren Gefühlen läuft es parallel. Meine Lebenererfahrungen kommen in ähnlicher geschmacklicher Vielfalt wie meine Nahrung, sie schmecken süß, sauer, scharf (heiß), würzig (salzig), zusammenziehend (astringierend) und (igitt!) bitter. Wie beim Essen versuchen wir den igitt-Faktor zu eliminieren. Und wie beim Essen wird die Verdauung meiner Erfahrungen dadurch schwieriger.

Warum mag ich bittere Lebenserfahrungen nicht? Ich weiß nicht ob es bei ihnen genauso ist, aber bei mir liegt es daran, dass sie ent-täuschend sind, dass sie mein Selbstbild herausfordern, und damit das Bild das ich mir von meinem Gegenüber, meiner Umwelt, der Welt, dem Universum gemacht habe. Sie zeigen mir auf wo ich unklar bin, wo ich mich selbst belüge. Das schmeckt halt gar nicht.

Anders als die ebenfalls nicht gemochten Bitterstoffe im Essen kann ich bittere Lebenserfahrungen nicht meiden, ich kann sie nur unverdaut herunterschlucken. Ihre Bitterkeit nimmt Kraft meiner Selbstlügen ständig zu bis ich sie dann irgendwann und irgenwo wieder auskotzen muss. Gezielt wegschauen kostet und zieht gleichzeitig mehr von dem an, was ich zu vermeiden trachte. Da führt nur ein Weg raus.
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Wenn es mir gelingt die bitteren Seiten des Lebens zu verdauen, jede meiner ent-Täuschungen als einen erfolgreichen Schritt zu mir Selbst zu feiern, dann gibt es immer weniger im Leben was ich nicht verdauen kann. Immer mehr meiner Erfahrungen lassen mich dann wachsen weil ich mir den darin wohnenden Nährwert freiwillig erschließe.

Guten Appetit!

(viel Vergnügen beim Lesen oder beim weg klicken)