über Yoga - 8 Schritte nach Patanjali

Meine Lieblingsdefinition von Yoga:
Alles was das individuelle Bewusstsein mit dem kosmischen Bewusstsein untrennbar verbindet.
Es gibt kein einzelnes Yogawerkzeug was diese Verbindung garantiert. Es gibt unzählige gute Yogawerkzeuge, doch wie bei einem Handwerker kommt es darauf an das in der Situation passende Werkzeug aus der Kiste zu nehmen und fachgerecht anzuwenden. Werkzeuge sind so gut wie der Handwerker. Wer versucht mit dem Schraubenzieher einen Nagel einzuschlagen hat noch viel dazu zu lernen.

Die anerkannte Stufen in der Yoga Werkzeugkiste

Am Beispiel Holz: Wenn es noch im Wald steht werden ganz andere Werkzeuge gebraucht als für die Herstellung eines Möbelstücks. Die Verarbeitung bis da hin verläuft in Stufen ein einer vorgegebenen Reihenfolge. So ist es auch beim Yoga. Ich bin erstmal das Holz im Wald, und danach kommen eine Reihe anderer Schritte. Patanjali hat diese Schritte in seinem Yoga Sutra und ihre Reihenfolge beschrieben (wikipedia info zu Patanjaliexterner link). Es sind 8 Schritte:
  1. YAMA: Orientierungshilfen für meine äußere Ausrichtung, mein Benehmen

  2. NIYAMA: Orientierungshilfen meine innere Ausrichtung, meine Einstellung

  3. ASANA: Übungen für meine körperliche Ausrichtung, meine Haltung

  4. PRANAYAMA: Atemfluß üben für meine energetische Ausrichtung

  5. PRATYAHARA: meine Aufmerksamkeit nach Innen wenden

  6. DHARANA: meinen Gedanken- und Gefühlsfluß auf ein Objekt ausrichten

  7. DHYANA: mein Gedanken- und Gefühlsfluß geht ausschließlich zur Quelle hin

  8. SAMADHI: All-eins, Quelle verschmilzt mit mir als Ergebnis der vorherigen Schritte


1. mein äußere Ausrichtung

Wer schon mal ernsthaft versucht hat die christlichen 10 Gebote einzuhalten wird mir zustimmen müssen - es ist so gut wie unmöglich. Sämtliche Religionen und spirituellen Organisationen überfordern mich mit ihren Grundregeln. Das ist ein notwendiger Trick. Was kann er bewirken?
Im günstigsten Fall gebe ich nicht auf, versuche die Regeln so gut ich kann und immer besser einzuhalten ohne allzuviel zu unterdrücken. Denn wenn ich mich unterdrücke, unterdrücke ich auch andere. Der entstehende missionarische Übereifer begünstigt die gewaltsame Ausdehnung der betreffenden Religion/Organisation. Auf längere Sicht verursacht das ihre sichere Wandlung weg vom ursprünglichen Gründungsideal (bedingungslose Liebe), denn jede Unterdrückung bringt unweigerlich ihr Gegenstück zum Tragen.

Die 5 Orientierungshilfen für meine Verhalten sind:
  1. AHIMSA: gewaltlos

  2. SATYA: wahrhaftig

  3. ASTEYA: nicht stehlen

  4. BRAHMACARYA: keusch

  5. APARIGRAHA: nicht gierig


2. meine inner Ausrichtung

Der Unterschied zwischen meinem Benehmen und meiner Einstellung lässt sich gut mit dem Gebot Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib beschreiben. Es ist relativ einfach meine hübsche Nachbarin körperlich in Ruhe zu lassen, doch nicht mal dran zu denken, kein Begehren für sie zu haben, das ist eine ganz andere Nummer. Bei meiner inneren Ausrichtung komme ich mit Unterdrücken nicht weiter.

Gedanken & Gefühle zu kontrollieren ist unmöglich. Ich kann höchsten lernen Gedanken und Gefühle zu lenken, und das dauert, ist eine Lebensaufgabe. Was hier aber zählt, und damit meine ich nicht die Buchführung von Petrus von der angeblich mein möglicher Einlass in christliche Paradies abhängt, ist mein ständiges Bestreben im Angsicht der scheinbar unlösbaren Aufgabe. Sysiphos lässt in aller Mehrdeutigkeit grüßen (wikipedia info zu Sysiphosexterner link).

Wie dem auch sei, die 5 Orientierungshilfen für meine innere Einstellung lauten:
  1. SHAUCA: reinlich

  2. SANTOSHA: zufrieden/dankbar

  3. TAPAS: beharrlich

  4. SVADYAYA: mich selbst prüfend

  5. ISHVARAPRANIDHANA: Hingabe an die schöpferische Quelle


3. meine körperliche Ausrichtung

Der Grundgedanke der Yoga Posturen ist eine Position einzunehmen und zu halten bis die inneren Organe aufhören sich zu entsprechend der eingenommenen Haltung zu verschieben, dann die Position zu lösen und auf dem Rücken liegend zu warten bis die inneren Organe wieder an ihre angestammten Plätze gelangt sind. Das gleiche gilt auch für Mudras, Bandhas und Vedhas. Dabei kommen zusätzlich innerliche Posturen zum Tragen (Atmung und Energiefluß betreffend), die man nicht unbedingt von außen sieht.

Yoga Übungen erscheinen also oft statisch, weil man die (inneren Bewegungen) nicht sieht. Wenn keine Wahrnehmung innerer Bewegung beim Übenden da ist, handelt es sich streng genommen nicht um Yoga, sondern um mißverstandenes Nachmachen ohne innere Aufmerksamkeit. "Richtig" ausgeführte Yoga-Übungen begünstigen Schritt 4 (Atemfluß) und 5 (Aufmerksamkeit Innen).

Meiner Meinung nach gibt es kein besser oder schlechter bei den Übungen, wohl aber ein für mich passend oder unpassend. Denn wir sind trotz aller Gemeinsamkeiten unterschiedlich, vor allem wenn es um die innere Welt geht in der kein Fraktionszwang herrschen muss. Es geht darum die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zu erforschen. Nicht jeder Hund hat blaue und grüne Punkte.

Anfangs sind individuelle Unterschiede nicht wichtig, ich erarbeite mir erstmal eine volle Werkzeugkiste. Je mehr ich mich jedoch vertiefe, umso sinnvoller ist es die Übungen auf meine Besonderheiten abzustimmen, die Werkzeuge in meiner Kiste situationsgemäß zu nutzten und ggf. Spezialwerkzeuge hinzu zu fügen.


4. meine energetische Ausrichtung

Auch hier kommt es anfangs nicht so drauf an. Es gilt erstmal die verschiedenen Möglichkeiten des Atmens auszuloten. Einatmung ist aktiv, funktioniert ohne Muskeltätigkeit nicht, ich muss Luft HOLEN, sie kommt nicht von selbst. Ausmatmung ist passiv, ich brauche nur los zu lassen. Wenn ich keine Luft mehr holen kann, dann trenne ich mich von meinem Körper, meiner temporären stofflichen Wohnung, und ziehe um auf die andere Seite der Drehtuer des LebensGiN-link.

Bei der Einatmung muss das entspannte glockenförmige Zwerchfell nach unten gezogen werden, wodurch sich das Lungenvolumen vergrößert und Luft eingeSAUGT wird. Dieses "nach-unten-ziehen" des Zwerchfell kann auf verschiedene Weise geschehen.
  1. ich schiebe den Bauch 'raus; die Eingeweide, an denen das Zwerchfell (Diaphragma) d'ran hängt wird so mit nach unten gezogen, das Lungenvolumen vergrößert sich ohne dass sich der Brustkasten bewegt

  2. ich hebe die Rippen/den Brustkorb an, der Bauch bleibt d'rin; 3 Variationen:

Hier geht es erstmal um das Erkunden der verschiedenen Möglichkeiten des Luft holens. Ich habe absichtlich Worte wie Bauchatmung etc. vermieden, weil diese Begriffe sehr unterschiedlich benutzt werden. Aus den vier Möglichkeiten des Luft holens und ihren Kombinationen leiten sich alle Atemübungen ab. Dazu kommen dann noch, ggf. unter Einbau von Bandhas und Vedhas, die Übungselemente Dies sind die Einzelwerkzeuge in der Atmungs-Werkzeugkeiste, und es gibt viele Möglichkeiten sie zu speziellen Zwecken zu kombinieren. Auch das hat mit richtig und falsch nichts zu tun, wohl aber mit für mich passend und unpassend.

Meine Empfehlung für den Anfang ist "Luft anhalten" erstmal hinten anzustellen, und sich in puncto "Verhältnis der Zeitdauer" auf kohärente Atmung zu beschränken, das heißt gleiche Zeitdauer für Ein- und Ausatmen. Die Zeitdauer soll so gewählt werden dass ich weder in Atemnot noch in Atemhast komme, was für mich 6 sec heißt, andere sind mit 5sec oder 5,5 sec besser beraten. Und es kann sich ändern. Anfangs braucht man dafür eine Vorgabe, z.B. aus den folgenden audio-Dateien. Suchen sie sich die passende Intervall-Dauer aus: 5 secGiN-link oder 5,5 secGiN-link oder 6 secGiN-link

Es gibt auch eine kostenlose App für's Handy mit einstellbaren Intervallen: Breath Ballexterner link
mehr über KohärenzGiN-link