Neue Schätze - kosmische Pralinenschachtel

Von meiner Bruderschaft abgenabelt krempelte sich mein Leben wiedel einmal komplett um. Weg war die Sicherheit des Genmeinschaftlichen Regelgefüges, das es mir ermöglicht hatte über richtig-falsch nicht nachdenken zu müssen. Weg war aber auch die unangenehme Seite davon, der Fraktionszwang. Ich hatte wieder (m)ein eigenenes Gewissen, mit allen Vor- und Nachteilen. Die ersten Monate ließen keinen Raum für solche Feinheiten, ich war mit 200 DM in Deutschland angekommen und war vollständig damit beschäftigt mir eine Existenz aufzubauen, mit mehr als freundlicher und absolut überlebennotwendiger Starthilfe meiner Schwester und ihres Mannes, meiner seligen Tante, sowie einer Freundschaft von früher. Danke an alle.

Soziale Beziehungen waren sonst eher sparsam, ich tastete mich erstmal vorsichtig durch die 14-Jahre Lücke meiner Abwesenheit. Dieses up-date habe ich nur scheibchenweise mit re-booten zwischen den Scheiben verkraftet, und das dauert eben. Auch danach war ich immer noch auf den ersten Blick leicht erkannbar "alternativ", nicht normal. Bekanntschafts-Interessenten/innen kamen daher eher aus der Esoszene. Ich war aber nicht esoterisch. Ein Beispiel für das was ich meine: Bei der Jobsuche versuchte ich auf das zurückzugreifen womit ich mich auskannte - Yoga. Auf eine Anzeige "Yogalehrer gesucht" hin wurde ich vorstellig. Die vorrangige Frage war mein Outfit. Ich wäre ja knackig, müsse das aber auch zeigen. Bei der Volkshochschule fragten sie mich nach einem Zertifikat. Meine ersten Jobs hatten dann auch absolut gar nichts mit Yoga zu tun.

Über meine Erlebnisse während der 14 Jahre Abwesenheit konnte ich mit niemandem wirklich reden, keiner verstand es. Keiner konnte es verstehen, dann ich redete ja ausschließlich von Dingen die dem deutschen Alltag vollkommen fremd waren. Irgendwann habe ich es verstanden. Mir ging es wie jedem Kriegsveteranen. Mein eigener Vater war 7 Jahre im Krieg und dann 7 Jahre in russischer Gefangenschaft, insgesamt 14 Jahre in der Fremde. Ich hatte von ihm nie ein einziges Wort über diesen Zeitraum erfahren können. Er konnte nur mit Kriegskameraden darüber sprechen, wenn niemand anders dabei war.

Wenn ich etwas erlebt habe was den Alltag meines Gegenübers nicht berührt, dann liegt es an mir es so zu erzählen dass es für mein Gegenüber interessant wird. Das ist nur möglich wenn er/sie vom Gesagten berührt wird, es mit ihrem/seinem Leben in Verbindung bringen kann. Mein Gegenüber kann das so wenig leisten wie ein Vorschulkind lesen kann. Jemand müsste erst sein Interesse wecken, und dann das Lesen beibringen. Ich sah es als meine Aufgabe an, dieses Kommunikationsproblem zu lösen, und damit unser Familienmuster (im Sinne Hellingers) zu erlösen. Damit bin ich heute noch beschäftigt.

Leberzauber - Babas Starthilfe

Etwa 1990 hatte ich durch Selbstbeobachtung und einen ärztlichen Hinweis herausgefunden dass ich eine Insulin-Insuffizienz (Diabetes Typ-2) habe. Es ist genug Insulin da, aber der Körper kann es nicht nutzen. Babas in Englische übersetztes Buch "Yoagic Health and Natural Remedies" (über die Organisation "Ananada Marga" erhältlich) enthält Information zu Stärkung der Leber mit Bitterkräutern. Daraus entwickelte sein Sohn ein Rezept unter dem Namen "Liver Paste". Sie spielte eine große Rolle in meiner Genesung.

Als ich wieder nach Deutschland kam suchte ich nach vergleichbaren Bitterstoffen ohne fündig zu werden. Mehrere vorsichtige email Anfragen bei der Organisation blieben unbeantwortet, und letztendlich beschloß ich mir die Zutaten zu besorgen und die Paste selber herzustellen. Meine Gäste durften oder mussten sie probieren, und bald mehrten sich die Anfragen für Nachschub. Das war der Start von gesund-im-net.de und meiner beruflichen Selbstständigkeit. Ich taufte die Paste auf "Leberzauber" um, und sie ist bis heute das Flagschiff und finanzielle Powerhouse von gesund-im-net.de.

Weitere Kontaktversuche, ich wollte aus Dankbarkeit meine Existenzgrundlage mit ihrer Herkunftsquelle teilen, blieben ebenfalls erfolglos, und ich fürchte dass außerhalb Indiens dieses Rezept auch innerhalb der Organisation nicht genutzt wird.

Avokoko - beide Seiten der Münze

Wie kann ich über das reden was mir wichtig ist, ohne den anderen überfordert zu verlieren oder ihr/ihm nur das zu erzählen was ihr/ihm selbst wichtig ist. Schwarz-weiß gesehen hatte ich von Kommunikation bisher die Vorstellung gehabt, dass ich entweder höflich und mit möglichst viel Aufmerksamkeit und Aufnahmebereitschaft zuhöre, oder mein Gegenüber das tut - so eine Art entweder/oder. Das geht besonders gut wenn beide gern Fußball spielen oder Yoga machen. Für alle anderen Fälle war ich auf Grund meiner Biographie schlecht vorbereitet. Ich hatte entweder das gemacht was ich wollte, oder das was jemand anders wollte. Jetzt ging es ums UND.

Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten trotz offensichtlicher Unterschiede, wie Frau / Mann entdeckte ich ein Muster, wie vor mit unzählige Menschen, das sich am leichtesten mit einem Bild beschreiben lässt. Eine reife Avokado ist außen weich und innen hart (Frau), und bei der reifen Kokosnuss ist es umgekehrt. Sie ist außen hart und innen weich (Mann). Für mich als Mann bedeutet Entwicklung meine verborgene weiche Seite, meinen Schatten, nach Außen zu bringen, damit der Unterschied zwischen Innen und Außen kleiner werden. Im Volksmund nennt sich das Reifung, in der Therapie Individuation, Intergration..., spirituell gesehen ist es das ganz oder heil werden.

Es begrenzt sich nicht auf den Gegensatz Frau / Mann. Der ist nur das Paradebeispiel ausgehend von der einfachen Dualität pulsierender Rahmenbedingungen wie Tag/Nacht und Ebbe/Flut, über Ein-/Ausatmen und Pulsschlag in die polaren Verschachtelungen unserer Gefühle und Gedanken. Alles hier auf der Erde pulst, schwingt zwischen Extremen hin und her.

Bis 40 war ich damit beschäftigt diese Extreme auszuloten, auszureizen, zu sehen wie weit ich gehen kann ohne das ich darin umzukommen. Jetzt würde ich versuchen die Wogen zu glätten, den Ausgleich anzustreben, sehr im Bild des Surfers der das Gleichgewicht haltend sich von der Welle an den Strand tragen lässt. Elegant, oder?

Wann genau mir diese Glühbirne aufgegangen ist, weiß ich nicht mehr. Es lässt sich nicht an einem einzelnen Punkt in der Zeit fest machen, ist ein Prozess in dem viele kleine Teile, wenn das letzte an seinen Platz rutscht, ein klares Gesamtbild ergeben, die nächste Praline.

Brigitte

Oktober 2003 ist ein Datum welches auf alles weitere in meinem Leben einen großen Einfluss hat und sich wie ein roter aber unsichtbarer Faden durch meine ganze Geschichte zieht. Niemand kann ihn sehen, außer mir, und trotzdem ist er da. Wie dem auch sei, im Okt-2003 traf ich zum ersten mal Brigitte. Was ich erwartet habe weiß ich nicht mehr. Was ich erhofft hatte war eine Art weiblicher Guru, die mir sagen würde wo es für mich lang geht. Was ich bekommen habe ist persönlicher Kontakt mit jemandem die auf dem Weg zu Gott im eigenen Innern die Nase sehr, sehr weit vorn hat, und die Rolle eines Mittelsmannes konsequent ablehnt:

Du kannst zwar noch nicht was ich kann, aber du kannst es lernen! Und wenn du das willst unterstütze ich dich dabei, egal wie lange es dauert.

Wie die meisten bin ich damit aufgewachsen für vieles nicht zuständig zu sein. Bei körperlichen Problemen soll ich zum Arzt gehen, bei geistigen zum Psychologen, bei religiösen zum Pfarrer, bei rechtlichen zum Anwalt, bei politischen zu einer Partei, ... die machen das für mich. Brigitte hat nichts für mich gemacht. Und doch hat sie genau das was ich auch liebend gern hätte - den direkten Draht zur schöpferischen Quelle, zu Gott, mit niemand dazwischen.

Du hast ihn auch, den direkten Draht!, sagt sie, Du hast das bloß vergessen. Und weil er nicht genutzt wird ist er eingestaubt, und du kannst ihn nicht sehen. Wische ordentlich Staub, dann kommt er schon zum Vorschein. Dann kannst du ihn nutzen. Sonst staubt er wieder ein.

Jedesmal wenn ich Brigitte begegne, fragt sie auf die eine oder andere Weise wie es meinem direkten Draht geht: Ob und falls ja, wie sehr er noch eingestaubt ist, wie oft ich ihn nutze. Das sind die Momente der Wahrheit. Ich kann Brigitte nicht belügen, denn das andere Ende von Brigittes direktem Draht hört mit. Deswegen kann/darf/muss auch ich mithören wenn ich die Wahrheit spreche. Was ich in diesen Momenten sage kann ich nicht mehr ungesagt machen, kann es nicht mehr vergessen. Meine Wahrheit ist ans Licht gekommen und wird dort bleiben. Danke schöpferische Quelle und danke Brigitte (sie besteht auf diese Reihenfolge).

Wie das funktioniert? Ich glaube dass es so funktioniert wie ursprünglich die Beichte funktionieren sollte. Wenn jemand einen direkten Draht zu Gott hat und ich mich entscheide vor dieser Person laut die Wahrheit zu sagen (soweit ich das kann), dann hört es auch Gott in mir. Mein direkter Draht geht in diesem Moment auf, ich bin verbunden, jedenfalls vorübergehend. Es geht nicht um Vergebung meiner Sünden, es geht nicht mal um meine Sünden. Es geht darum mich immer wieder mit der schöpferischen Quelle in mir zu verbinden. Je kräftiger diese Verbindung wird desto weniger ist es mit möglich mich selber zu belügen. Je weniger ich mich selber belüge desto kräftiger wird meine Verbindung - ein Engelskreis (das Gegenteil vom einem Teufelskreis). Und irgendwann wird es Gewohnheit werden, aus der gelegentlichen Verbindung wird eine bleibende werden.

Mit der unermüdlichen Unterstützung von Brigitte bin ich unterwegs im schrittweisen Prozess der re-Aktivierung meiner Verbindung zur schöpferischen Quelle in mir. Das ist der rote Faden der sich durch die ganze Geschichte zieht und den niemand außer mir sehen kann. Doch jetzt wissen sie dass er da ist.



Obertöne

Infiziert vom Obertonvirus wurde ich durch die Gesänge buddhistische Gelbmützen Mönche im Kathmandu. Ich war damal etwa 30 Jahre alt und ein paar Tage vor Ort. Das Kloster lag wenige Fußminuten entfernt und ich konnte die Gesänge hören. Am nächsten Morgen war ich pünktlich dort. Die Gebetshalle hatte von außen Fensternischen groß genug um sich im Schneidersitz hineinzusetzten. Von dort habe ich (un)heimlich mitgesungen, jeden morgen so lange ich in Kathmandu war.

Geweckt worden war mein Interesse in San Francisco, als mich jemand zu einem Service von Nichiren-Shōshū mitgenommen hatte. Mehrere hundert Menschen sangen über viele Minuten immer wieder das Mantra Nam Myoho Renge Kyo"externer link (wikipedia), und ich war bleibend beeindruckt. Nicht von dem drum herum, die Leute chanteten 5min für die kranke Großmutter, dann 3min für eine neues Auto, usw. Auf jeden Fall habe ich zuhause immer wieder geübt ohne damit um ein neues Auto zu bitten.

Mit meinen Mönchsbrüdern konnte man über sowas nicht reden und schon gar nicht ausprobieren. Alle von außen kommenden potentiellen Einflüsse auf die festgelegten rituellen Abläufe waren tabu. Das ist wohl überall so. Ich wollte ja damit gar keine Abläufe ändern, nur das Singen schöner machen. Das tat ich dann auch, allein und heimlich, und alle waren mit dem Effekt zufrieden. Bei jeder Gelegenheit bildete ich mich (heimlich) weiter. Die Musik der Welt ist voll von Obertönen, und verschiedene Kulturen nutzen verschiedene Techniken - Jodeln, Gesänge nordamerkikanischer Indianer, Joiken der Samen, Ketjak in Indonesien, Tuva Kehlkopfgesang...

Jetzt in Deutschland konnte ich machen was und wann immer ich es wollte. Ich experimentierte und forschte nach Herzenslust, was schließlich in einer Lern-CD mündete. Ich schaffte mir eine Klangliege an und fing an Digeridoo zu spielen und ging vermutlich vielen Leuten damit auf die Nerven. Andere waren begeistert. Ich selbst war hauptsächlich an den inneren Effekten interessiert. Mit Obertönen kann man jedes beliebige Körpergewebe stimulieren und ansteuern. Dabei war es mir relativ egal wie sich das anhörte, Hauptsache es fühlte sich gut an. Klang nehmen wir nicht nur über die Ohren war, auch der Tastsinn ist beteiligt, genauer gesagt unsere Bewegungsempfindung (Kinästhetik). Wer's nicht glaubt soll sich einfach mal vor den Basslautsprecher stellen. Immer wieder reicht mir Obertonsingen die eine oder andere Praline an.


Atmen

Singen hängt mit Atmen zusammen und auch im Yoga spielt Atmung eine große Rolle. Neben den bekannten Asanas gibt es die weniger bekannten Mudras, Bandhas und Vedhas, oft als Teil von Atemtechniken. Hier geht es darum die physische Oberfläche der gestreiften Muskulatur zu verlassen und tiefer gelegene Gewebe und Strukturen anzusteuen, wie Zwerchfell, Beckenboden, Pericard, Faszienketten und schließlich energetische Kreisläufe die über den menschlichen Körper hinausgehen.

Auch hier war innerhalb der Organisation alles streng reglementiert, experimentieren unerwünscht, und darüber reden zu wollen auch. Teil hermetischer Strukturen (Bruderschaften) ist die Geheimhaltung von subtilen Vorgängen in Körper, Geist und Seele. Ihre Berherrschung bringt eine entsprechend hohe Stellung in einer nicht offensichtlichen Hierarchie mit sich, mit der Herausforderung nicht der Verführung zu erliegen dieses Fähigkeiten im Dienste persönliche Vorteile zu mißbrauchen. Hier wird es okkult und magisch, die Magie entweder weiß (zu Ehren der schöpferischen Quelle und zum Wohle aller) oder schwarz (zum persönliche Vorteil).

Um die Hierarchie zu beschreiben hilft ein Bild - Rechenoperationen. Wenn ich addieren und subtrahieren kann, merke ich ob jemand anders das auch kann oder nicht. Ob jemand anders multiplizieren und dividieren kann erschließt sich mir allerdings nicht mit Sicherheit, weil ich keinen Einblick habe - ich kann es ja nicht. Ich bin dann auf Vermutung und Glauben angewiesen. Doch sobald ich multiplizieren und dividieren gelernt habe, merke ich auch das bei anderen. Die nächste Stufe ist Potenzieren, dann Integral und Differential, usw. Wenn jemand anders mehr kann als ich, dann merke ich das, weiß aber nicht was dieses "mehr" ist. Ich werde unsicher. Diese Unsicherheit merkt wiederum mein Gegenüber und wird zumindest unterschwellig dominant, selbst wenn sie/er das nicht will. So entsteht eine Art "natürliche" Hierarchie, die in wohlwollender Atmosphäre nur wohlwollende Auswirkungen hat. Dafür gibt es leider keine Garantie und hermetische Strukturen kann man als Versuch der Schadensvorbeugung interpretieren. Sie schrecken aber auch Interessenten davon ab die nächste "Rechenoperation" zu lernen. Alles zweischneidig wie immer, es geht um die passende Balance, ein dynamisches Gleichgewicht.

Wie dem auch sei, auch in dieser Hinsicht bin ich jetzt frei und kann nach Herzenslust experimentieren. So Habe ich zum Beispiel herausgefunden, und bin auch hier mit Sicherheit nicht der erste, dass es in den Atemwegen Reflexzonen gibt deren Ansteuerung mit zunächt über selbst gesungene Töne gelang. Ist das abgefahren. Für mich nicht. Es stecken viele Jahrzehnte des Probierens dahinter. Ich bin einfach nur dran geblieben und habe mich von der Kette der Pralinen leiten lassen. Das werde ich auch weiterhin tun, und das einzige dem ich mir völlig sicher bin ist, dass dem Universum die Pralinen nicht ausgehen werden.